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Noah Goecke

Gestern JLZ Emsland, heute dritte amerikanische College-Liga: der besondere Weg von Fabian Schmidt


In Meppen ist Fabian Schmidt ein altbekanntes Gesicht. Drei Jahre lang hat er in der U17 und U19 des JLZs Emsland im SV Meppen gespielt. Seit letztem Sommer studiert der 19-jährige Business Administration an der Brescia University in Owensboro, Kentucky in den USA. Währenddessen kickt er in der Division 3, der dritten amerikanischen College-Liga. Längst ist er in seiner neuen Heimat angekommen – und wie! Direkt in seiner ersten Saison bei den „Bearcats“ hat Fabian es ins „Team of the Season“ geschafft. Nun locken ihn sogar einige Universitäten aus Division 2 und 1. Wie er überhaupt dazu kam, ins Ausland zu gehen, ob sich Meppen mit Owensboro vergleichen lässt und welche vielfältigen Perspektiven die Ausbildung im JLZ Emsland eröffnen kann: all das erzählt der Senkrechtstarter Fabian im großen Interview!


Im letzten Sommer hat dein Leben eine 180-Grad-Wendung genommen. Erst hast du im kleinen Recke dein Abitur gemacht, hast währenddessen beim Jugendleistungszentrum im SV Meppen Fußball gespielt – und jetzt studierst du an der Brescia University in den USA. Wie gefällt es dir bisher in deinem neuen Zuhause in Owensboro, Kentucky?

Ich habe mich hier sehr gut eingelebt! Das College-Leben gefällt mir sehr gut, es macht richtig Spaß. Ich wohne mit vielen meiner Freunde und Teammates zusammen. Zusammen mit einem Teammate teile ich mir sogar ein Doppelzimmer: er heißt Jannik, ist auch Deutscher, ist so alt wie ich, und gegen ihn und seine Mannschaft habe ich in Deutschland sogar drei Jahre Fußball gespielt.


Im College-Leben kann ich mich sehr gut gleichzeitig auf Fußball und die Schule konzentrieren. Morgens steht die Schule an, nachmittags konzentriere ich mich auf das Fußballerische. Im Herbstsemester haben wir hier Saison, dann haben wir sehr viel Programm. Wir haben sechs Mal die Woche Training oder Spiele. Jetzt im Frühlingssemester haben wir keine Season, wir haben nur Training und Freundschaftsspiele – das ist etwas entspannter. Aktuell gehen wir z.B. fünf Mal die Woche ins Gym und sind gar nicht auf dem Platz.


Was genau studierst du und wie lange dauert so ein Studium in den USA?

Ich studiere Business Administration – das ist ähnlich wie der Studiengang BWL in Deutschland. Hier in den USA studiert man das vier Jahre. Das System ist so aufgebaut, dass wir im ersten Jahr viele allgemeine Fächer wie Spanisch oder Musik haben. Im ersten Jahr soll man nämlich die Möglichkeit haben, alle möglichen Kurse zu belegen, um zu gucken, was man schwerpunktmäßig studieren will und was man im Bachelor machen möchte. Daher haben wir am Anfang noch sehr viele Freiheiten.


„Das Schöne ist, Owensboro liegt direkt am Fluss, dem Ohio River. Der ist echt cool!“


Von familiären Meppen bis ins ferne Owensboro sind es über 7.000 Kilometer Luftlinie – du bist also ganz schön weit weg von Zuhause. Lassen sich Meppen und Owensboro vergleichen?

Ich komme ja nicht direkt aus Meppen und kenne die Meppener Stadt nicht so gut. Owensboro ist aber, so wie Meppen, auch eine Kleinstadt. Wir haben 80.000 Einwohner. Ich würde Owensboro als kleinen, ruhigen Ort ohne viel Partyleben beschreiben. Was das betrifft, ist es hier relativ unspektakulär. Ich konnte aber schon viel von der Stadt kennenlernen. Das Schöne ist, Owensboro liegt direkt am Fluss, dem Ohio River. Der ist echt cool! Da gibt es eine große Strandpromenade mit vielen Restaurants, Hotels und Bars. Im Sommer finden dort häufig Festivals statt – das ist ziemlich cool. Sonst gibt es sehr viele Fast Food Restaurants, man geht eher selten wirklich schick essen – das ist wirklich der größte Unterschied.


Ein Schritt wie deiner ist erst einmal beeindruckend und zeigt auf, welche Perspektiven der Fußball für junge, talentierte Nachwuchskicker noch eröffnen kann. Wie kam es denn überhaupt dazu, dass du ins Ausland gegangen bist?

Also ehrlich gesagt: auf Instagram habe ich Werbung bekommen von einer Agentur, die so etwas anbietet – das war so im September 2020. Dort habe ich eine Chanceneinschätzung auf der Website ausgefüllt. Davon habe ich mir aber erst nicht viel erhofft. Angeben musste ich unter anderem, in welcher Liga ich spiele und dass ich mein Abitur mache. Um zu studieren, musste ich außerdem zwei Englisch-Tests absolvieren. Dann hat sich tatsächlich einer von der Agentur gemeldet, der meinte, dass ich sehr gute Chancen auf ein Stipendium hätte. Daraufhin haben wir uns einmal persönlich getroffen. Das Gespräch war dafür gedacht, dass ich mich rund um das Studium informieren konnte. Er hat mir dann erzählt, welche Möglichkeiten ein Studium in den USA mir bietet und wie das College-Leben so ist. Ich habe mir im Anschluss erst einmal Bedenkzeit gegeben. Ich habe mich dann aber relativ zeitnah zurückgemeldet und war mir dann auch sicher, dass ich ins Ausland gehen will. Zu dem Zeitpunkt war es übrigens noch nicht wichtig, welchen genauen Studiengang ich später machen will. Es war nur wichtig, dass ich zu einer passenden Universität gehe.

Foto: Fabian Schmidt


Neben deinem Studium spielst du aktuell bei den „Bearcats“ in der dritten amerikanischen College-Liga. Wann hast du Angebote für den Verein bekommen und wie sah der Bewerbungsprozess aus?

Der Prozess sah so aus, dass du ein Highlight-Video von dir erstellst mit Videoszenen aus Deutschland. Im Prinzip war das ein Lebenslauf von mir mit den Angaben, wo ich bisher gespielt habe und auf welchem Niveau. Dazu habe ich ein paar Statistiken angegeben. Die Agentur hat dann mein Video vermarktet, es an potenzielle Universitäten geschickt und Kontakt zu den Coaches aufgenommen. Daraufhin haben sich dann die Coaches bei mir gemeldet und haben gesagt, dass sie interessiert sind. Es hatten mehrere Universitäten Interesse, von denen mir drei konkrete Angebote gemacht haben.


„Ich habe mir gedacht: wenn die anderen Jungs sich für diese Uni entscheiden, kann es ja nicht so schlecht sein.“


Was war der entscheidende Grund, zu der Universität zu gehen, bei der du jetzt bist?

Das war hauptsächlich der Trainer, er hat direkt einen symphytischen Eindruck auf mich gemacht. Er hat mir von dem Programm und den Zielen erzählt. Außerdem waren zu Anfang drei Deutsche im Verein. Das hat mir die Entscheidung noch einfacher gemacht. Auf der einen Seite habe ich mir gedacht: wenn die anderen sich für diese Uni entscheiden, kann es ja nicht so schlecht sein. Auf der anderen Seite ist es natürlich für mich viel einfacher, mich an die andere Sprache und die Kultur zu gewöhnen, wenn noch mehr Deutsche hier sind.


Du sagst es schon – einiges hat sich für dich schlagartig verändert: anderes Land, andere Sprache, neue Menschen, dazu noch die Umstellung aufs Studieren. Wie schwer war das für dich am Anfang? Hast du dich schnell dran gewöhnt?

Verstehen konnte ich schon zu Beginn alles. Das kennt man ja auch aus dem Unterricht: man hört dem Lehrer zu, man liest viel. Was den Wortschatz und das Verständnis betrifft, ging das alles. Aber das spontane Sprechen fiel am Anfang noch sehr schwer, weil ich das vorher nicht gemacht habe. Aber das hat sich dann doch sehr schnell gebessert. So nach sechs Wochen konnte ich mich eigentlich problemlos verständigen. Manchmal musste ich natürlich noch ein, zwei Sachen nachfragen. Aber spätestens nach drei Monaten musste ich nicht mal darüber nachdenken, was ich auf Englisch sagen wollte. Das kommt mittlerweile einfach so aus einem raus. Teilweise habe ich angefangen, auch auf Englisch zu denken. Man formuliert die Sätze von Anfang an auf Englisch und gar nicht mehr auf Deutsch. Die Zeit hier hilft auf jeden Fall, um die Sprache wirklich komplett zu lernen.


Vieles hat sich geändert, aber eine Konstante ist geblieben: der Fußball. Wie läuft in einer College-Liga in den USA der genaue Spielbetrieb ab?

Ein Jahr besteht bei uns aus zwei Semestern: dem Frühlings- und Herbstsemester. Im Herbstsemester ist man in-season. Während dieser Zeit haben wir Conference-Spiele, also Liga-Spiele, aber auch Non-Conference-Spiele – das sind Freundschaftsspiele. Insgesamt hatten wir über diesen Zeitraum von ungefähr 13 Wochen ganze 19 Spiele. Das ist ein ziemlich enger Zeitplan. Als ich angekommen bin, ging das ganz schon schnell los. Zuerst hatten wir eine Woche frei, aber dann ging es direkt los mit der pre-season. Seitdem hatten wir von Montag bis Samstag immer eine Einheit pro Tag – also ein Training oder ein Spiel.


Unsere Liga besteht aus zehn Mannschaften. Bis Ende Oktober war die regular season, danach fingen die Play-Offs im K.o.-System an. Die ersten sechs kommen in die Play-Offs. Dadurch, dass wir in unserer Conference Zweiter geworden sind, sind wir direkt ins Halbfinale gekommen. Leider sind wir dann im Halbfinale ausgeschieden. Der Sieger der Conference fährt dann zu den Nationals, dort spielen alle Sieger der Conference-Ligen gegeneinander. Der Gewinner steigt jedoch nicht in die höhere Liga auf. In welcher Liga eine Mannschaft ist, richtet sich eher nach der Größe der jeweiligen Uni und der zugehörigen Organisation. Aktuell überlege ich aber auch, meine jetzige Uni zu wechseln.


Wie kommt es, dass du jetzt schon überlegst, deine Uni zu wechseln?

Ich habe es direkt im ersten Jahr ins „Team of the Season“ geschafft. Das Team wird von allen Trainern der Liga gewählt. Dass ich auf Anhieb gewählt wurde, werde ich nutzen, um mich bei anderen Colleges vorzustellen. Anfragen habe ich auch schon bekommen, es ist aber noch nicht klar, ob und wohin ich gehen will. Ich würde aber auf jeden Fall gerne meinen Bachelor in den USA machen.


„Ich würde schon gerne in die Division 1!“


Das heißt: es kann gut sein, dass du in der nächsten Saison bei einem anderen College und einem anderen Verein bist?

Genau – entweder diese oder nächste Saison. Das Problem ist: als ich angefangen habe, mich zu bewerben, hatte der große Teil der Colleges schon ihre Kader für die nächste Saison zusammen. Deshalb war das etwas schwierig, da ist nicht so viel zusammengekommen, wie ich mir erhofft hatte. Deswegen habe ich nochmal mit meiner Agentur gesprochen. Wir werden versuchen, eine andere Uni für übernächste Saison zu finden. Ich hoffe, dass ich dann etwas passendes finde. Aktuell spreche ich mit einer Uni, die in Division 2 in der NCAA und einer der besten des Landes ist. Aber sagen wir mal so: ich würde schon gerne in die Division 1!


Ist es denn realistisch, dass du in Division 1 spielen kannst?

Vom Niveau her schon, aber finanziell könnte es schwierig werden. Ich bräuchte ein besseres Stipendium, das schon den Großteil der Kosten deckt – das bekommt man aber zu Anfang eher selten. Also müsste ich erst selbst tief in die Tasche greifen. Das Problem ist, dass man nur einmal wechseln darf. Wenn man nochmal transferieren möchte, wird man für ein Jahr gesperrt – es sei denn, man hat einen sehr guten Grund. Ich weiß nicht, ob das als guter Grund gilt, nur weil man auf einem höheren Fußballlevel spielen will. Aber unabhängig davon: an der Uni, die ich mir aussuchen werde, will ich auch meinen Bachelor machen.


Das ist auf jeden Fall nachzuvollziehen. Man will ja vielleicht auch mal an einem Ort bleiben.

Ja, das trifft auch zu. Ich habe es mir hier auch eingerichtet. Bei einem Umzug muss ich mich wieder neu einrichten und wieder neue Freunde finden. Hier habe ich wirklich sehr, sehr gute Freunde gefunden. Das ist sehr wichtig. Das würde sich dann alles wieder ändern.


Was man nicht alles tut, um auf höherem Niveau Fußball spielen zu können! Wie hat dir denn rückblickend die Zeit in Meppen im Jugendleistungszentrum geholfen?

Dass ich bei Meppen gespielt habe, hat mir sehr weitergeholfen – einerseits für meine persönliche Entwicklung und für den Schritt, in die USA zu gehen. Die Colleges haben erstmal nur mein Highlight-Video, aber ansonsten haben die einen schlechten Vergleich zwischen den Spielern. Deswegen gucken die auch auf die Liga und den Verein, bei dem man gespielt hat. Da Meppen – sage ich mal – kein unbekannter Verein ist mit einer ersten Mannschaft in der dritten Liga, hat mir das auch im Bewerbungsprozess sehr weitergeholfen.


Du bist ja drei Jahre bei der U17 und U19 im JLZ gewesen, ging diese Zeit schnell vorbei? Wie ist dir das in Erinnerung geblieben?

Die Zeit ist mir sehr schön in Erinnerung geblieben. Ich würde mir echt wünschen, dass ich das nochmal erleben könnte. Gerade wegen Corona ist uns ja so viel Zeit verloren gegangen. Da sehne ich manchmal schon echt nach – da bin ich ehrlich. Das habe ich zum Beispiel auch meinen Eltern öfter gesagt, die Zeit im JLZ würde ich schon noch einmal gerne wiederholen.


Zurück zu dir und deiner persönlichen Zukunft – was willst du nach deinem Studium machen? Willst du vielleicht die Bereiche Fußball und Wirtschaft in deinem Berufsleben verknüpfen?

Was cool in den USA ist: hier kann man ein Nebenfach noch zusätzlich studieren, dort macht man dann einen Associate Degree. Das würde ich gerne im Sportmanagement machen. Ich hätte schon Bock, später Fußball zu spielen und gleichzeitig in der Sportbranche zu arbeiten. Einen konkreten Job habe ich noch nicht im Kopf. Aber Fußball in Verbindung mit einem Job in der Sportbranche – so etwas in der Richtung wäre mein Ziel nach dem Bachelor. Dann möchte ich auch wieder zurück nach Deutschland. So weit weg von Familie und Freunde auf Dauer, wäre dann doch nichts für mich.

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